Freitag, 28. Oktober 2011

Warum das Leben kein Ponyhof ist



Dass das Leben hier noch weniger einem Ponyhof ähneln würde wie das in Deutschland, war von Anfang an klar. Und dennoch bin ich teilweise frustriert, wenn ich feststelle, dass ersteres nicht mal annähernd einem Eselstall gleicht. Ja, manchmal fühle ich mich sogar wie im Rattenkäfig. 

Heute hab ich zum ersten Mal ernsthaft gedacht: „Ich wäre jetzt gerne Zuhause.“ Warum jetzt, warum heute? Ich kann nicht behaupten, dass es mir gerade schlecht geht. Natürlich gibt es Hoch- und Tiefpunkte, doch sie finden alle in einem sehr akzeptablen Rahmen statt. (Die letzten Tränen hab ich vor drei Tagen  vergossen, als mir beim Yoga Schweiß in die Augen lief, also im Nachhinein nichts Dramatisches (in dem Moment natürlich schon, weil ich für kurze Zeit erblindete und bei meinem „Oh-scheiße-das-brennt!!!-Tanz“ über ein Rohr stolperte…naja, den Rest der Geschichte lass ich mal unkommentiert…!) )

Doch kennst du das? Wenn man sich unter vielen Menschen furchtbar einsam fühlt? Vielleicht, weil sie alle Fremde sind, vielleicht, weil man sich kaum mit ihnen verständigen kann, vielleicht aber auch einfach, weil sie einen komplett anderen Lebenstil verfolgen, als du… Ich weiß nicht, aber ich habe mich hier schon oft von allem verlassen gefühlt: Von Menschen, Dingen, Gewohnheiten. Ja, manchmal fühlte ich mich sogar gottverlassen in meinem Rattenkäfig mitten im Nirgendwo.

Und heute, am Tag, an dem alle wichtigen Menschen in meinem Leben bei mir Zuhause in Reichensachsen sitzen, fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen: Ich wurde nicht verlassen, nein. ICH war diejenige, die alle verlassen hat. Und diese äußerst primitive Einsicht baut mich  auf, weil ich daran erinnert werde, was mich hierher getrieben hat, dass ich freiwillig hier bin und dass es in Deutschland Menschen gibt, die auf mich warten. Ein schlechtes Gewissen habe ich nicht, dafür ist mein Ego zu groß. Ich habe nur lediglich manchmal das Gefühl, etwas zu verpassen, doch auf meiner Liste, der Eigenschaften, die ich mir während meines Indien-Jahres aneignen will, steht auch: „Damit aufhören, mich und mein Leben mit dem anderer zu vergleichen“. Und mal ehrlich: Der Schuppen hat sowieso unheimlich an Charakter verloren und ohne mich ist es dort bestimmt sowieso ziemlich langweilig (an dieser Stelle könnt ihr selbst entscheiden, ob ihr den letzten Satz in die „Ironie-Schublade“ stecken wollt oder nicht…).

So, und um zu verstecken, dass dieser Text keinen roten Faden hat, nehme ich jetzt nochmal Bezug auf die Überschrift:

Ponyhöfe sind bestimmt sowieso blöd. Da gibt’s nur Stress mit Tussen, die sich um das Pferd mit der längsten Mähne streiten, die Ponys dort sind völlig willenlos und statt nem kühlen Blonden trinkt man nen heißen Früchtetee, ungesüßt, versteht sich. Davon abgesehen, würde ich als Pferd viel lieber auf nem richtigen Bauernhof leben, wo auch mal andere Gestalten, wie Kühe und Schweine rumlaufen. Natürlich: Ponys sind ja soooo süüüüüß (besondern wenn sie Polly heißen, steinalt sind, kaum noch gehen können und zu 95% blind sind…)! Reiten macht auch tierisch Spaß, bestreite ich gar nicht. Doch wenn man sein Leben auf dem Ponyhof verbringt kann man auch gleich als Hamster im Rad leben.


Das Leben ist kein Ponyhof, weil es mehr als nur Ponys gibt und alle Tiere irgendwann Bewegung brauchen. Und wenn es nur ein wenig Auslauf im Rattenkäfig ist…

3 Kommentare:

  1. Tabea vom Vorbereitungsseminar28. Oktober 2011 um 22:16

    hey birte, bin ganz beeindruckt von deinem schreibstil, da kommt mir mein blog ganz mickrig und langweilig vor. bei dir liegt soviel philosophie mit drin.
    wenn es dir mal nicht so gut gehen sollte, ruf mich einfach an (0919962861153) und unsere türen stehen dir weit offen, kannst sehr gerne vorbeikommen, um fünf deutsche gesichter zu sehen.
    fühl dich ganz lieb gedrückt und denk dran: es gibt gar nicht so weit weg auch noch leute, die für dich da sind und die ähnlich ticken wie du!!
    ganz liebe grüße auch von marie
    kussi von der tabea

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  2. ....aber der Vorteil von halbblinden, alten Pferden ist nunmal, dass kleine Mädchen (ich nenne jetzt keinen Namen) absolut ohne Hilfe, unter der Bewunderung der älteren Kinder (ich nenne wieder keine Namen ;-) gaaanz alleine reiten können!!! Außerdem werden gestresste Omas von ihrer Pflicht entbunden, das Pferd samt Kind durchs Gelände zu ziehen.
    Denke immer daran, was deine kleine Cousine dazu gesagt hat und ich glaube, da wird ein kleines Lächeln drin sein. wir haben bei der Erinnerung daran wieder herzlich lachen müssen.
    Liebe Birte, mach weiter so und wir wünschen dir alles Gute.

    J,S,L u. E :-D

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  3. Den Oh-Scheiße-Das-Brennt-Tanz kann ich mir bildlich vorstellen! :D

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