Sonntag, 29. Juli 2012

Indien - Gastbeitrag 2.1


'Was findest du, ist der größte Unterschied zwischen Indien und Deutschland?' fragte Birte mich nachdem ich die ersten Tage in Indien verbracht hatte. 'Hm, gute Frage' meine Antwort 'Alles! Frag mich lieber mal nach Gemeinsamkeiten, da fällt mir eine ein: In Indien und in Deutschland gibt es Menschen.'


Und so ist es. Indien und Deutschland haben nicht viel gemeinsam, zumindest nicht das traditionelle Indien. Die Mentalität in Indien ist so frei und doch so begrenzt. Begrenzt in dem Sinne, dass es schwierig scheint, nach Indien zu kommen und seine eigene Kultur voll auszuleben. Das fängt bei der Kleidung an. Zeig keine Schultern, keine Knöchel, bedeck dich, wenn du eine Frau bist. Pass auf, dass man keine BH-Träger sieht. Steck die Schüre deines Hosenbunds weg oder bist du eine Prostituierte?


Es war nicht immer einfach sich an diese 'Regeln' zu halten. Nicht weil ich es nicht wollte, sondern weil ich es einfach schnell mal vergessen habe, meine Schnürchen wegzustecken. Denn diese Schnürchen an der Hose waren bisher nie etwas, worüber ich nachgedacht habe.


Abgesehen von der Kleidung gibt es noch viele andere Kleinigkeiten zu beachten wie zum Beispiel nur mit der rechten Hand zu essen. Es passierte mir schnell und oft vor allem am Anfang meines Indien-Aufenthaltes, dass ich irgendetwas falsch machte. Zum Glück hatte ich ja aber meine indische Cousinenfreundin immer bei mir, die mich schnell auf meine Fehler aufmerksam machte.


Aber trotz allem fühlte ich mich in Indien einfach frei. Die Ukulele in die Hand nehmen und einfach losträllern ohne groß darüber nachzudenken was die anderen denken. Und das in Schlafanzug. Natürlich gucken die Leute, aber es ist ein angenehmes Beobachten, keine zweifelhaften Blicke, nur Interesse. Keine schiefen Blicke, nur Freundlichkeit und in den Augen generell viel Interesse.


Egal wo wir waren, egal, uns wurden immer die gleichen Fragen gestellt. Wir sind vom Himalaya bis in den Süden Indiens gereist, aber die Fragen blieben die gleichen: Which country? Which part of Germany? First time India? How long in India? Do you like India? What you doing in India? ...Wanna see my shop? (…) Irgendwann gingen diese netten Fragen uns allerdings so auf den Keks, dass wir uns unbekanntere Heimatländer als Deutschland ausgesucht haben. Schweden zum Beispiel, manchmal sogar Papua Neuguinea, um weiteren Fragen aus dem Weg zu gehen. Meistens ging die Rechnung auf, nur einmal wurde uns dann auf Schwedisch geantwortet, upps!


Ich bin nun seit gestern zurück in Deutschland und alles ist wieder wie vorher, abgesehen davon, dass das Wetter gut ist. Die Angestellten am Flughafen waren schlecht gelaunt und nörgelig, der Mann bei der Passkontrolle, hat sich scheinbar einen Zacken aus der Krone gebrochen, um ein gelangweiltes 'Hallo' aus seinem Mund zu pressen.
Das erste was ich gemacht habe, als ich zuhause war, war mich in den Garten zu setzen und nichts zu hören, außer das laute Rauschen in meinem Kopf. Da habe ich gemerkt, Indien ist verdammt laut. Und trubelig. Kein Wunder, wenn in einem Land 1.241.491.960 Menschen leben eigentlich. Zwar sind wir insgesamt ca. 6745km durchs Land geschrubbt, aber trotzdem war jede Stadt voller Menschen. Menschen überall und Kühe, Schweine, Ziegen, Hunde, Schafe und Pfaue. Nur in der Wüste war es leer. Da gab es nur die eben genannten Tiere plus frei lebende Kamele und Dreck.


Dreck, auch das gehört zu Indien. Und Müll. Es ist nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen in diesem bunten Land, denn oft ist der Straßenrand aus dem Grund bunt, dass er bedeckt ist mit Müll. Und hier und da Kühe, Schweine und Menschen, die in diesem Müll leben...


Mittlerweile bin ich seit drei Tagen zurück. Und ich habe mich mal wieder unter deutsche Menschen getraut. Und mich mal so verhalten wie in Indien. Lächeln. Nicht nur, dass niemand 'Hallo! Hallo! Hallo! How are you?' gerufen hat oder heimlich versucht hat mich zu fotografieren. Man bekommt meist auch kein Lächeln zurück. Und das liegt größtenteils daran, dass niemand guckt. Jeder ist mit sich beschäftigt. Es gibt Menschen. Aber auch die sind ein Unterschied.

1 Kommentar:

  1. Liebe Rahel,
    Das ist wirklich ein sehr schöner Reisebericht und ich finde du hast deine Eindrücke gut beschrieben. Ich merke, und weiß es natürlich auch, dass es dir wirklich gut dort gefallen hat und beneide dich noch immer, dass du diese wunderbare Reise mit deiner Lieblingscousine machen konntest.
    Von diesen Erlebnissen wirst du dein lebenlang zeeren können und dich bestimmt immer wieder gern daran zurückerinnern.
    -DIE ERINNERUNG IST DAS EINZIGE PARADIES AUS DEM UNS KEINER VERTREIBEN KANN-

    deine MAMA

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