Mit vollen Einkaufstüten, frisch gefülltem
Pizza-Magen, sieben Paar neuen Ohrringen
und leichtem Sonnenbrand steige ich erschöpft in die Riksha. Ein kurzer
Blick auf die Uhr – Mist, schon nach vier! „Nach Tarnaka, zur Bushaltestelle
bitte!“, sage ich dem Fahrer. Gedankenversunken schaue ich aus dem Fahrzeug und
denke daran, wie geflasht ich von diesem Anblick war, als ich einst – vor nun
fast 8 Monaten! – nach Indien kam. Autos, Busse, Rikshas und Fahrräder rauschen
an mir vorbei. Ein kurzer obligatorischer Blick auf den Bus, der mich gerade
überholt: „242B“ steht auf dem oben befestigten Schild. Wie so oft betrachte
ich die Preistafel an der Tankstelle: Wieder gestiegen! Ich schaue Menschen
hinterher und sehe gierig auf die riesigen Obstberge am Straßenrand.
Plötzlich klingelts. Laut. Nervig.
Unaufhörlich. Das war doch gerade MEIN Bus! Der direkte Bus nach Bogaram!! Das
ist quasi ein Sechser im Lotto!!!
„Fast, fast, I have to catch this bus!“, brülle
ich den Rikshafahrer an.
Eben jener Bus ist bereits an der Kreuzung vor
uns abgebogen. „Turn, turn!!!“, „Sorry Madame, English no!“, bekomme ich als
Antwort. Na klasse! Der Ton macht die Musik und wenn er mich eh nicht versteht,
kann ich es im auch auf Deutsch erklären, denke ich mir und lege los: “Guter
Mann, ich muss diesen beschissenen Bus da vorne kriegen, sonst muss ich mal
locker noch 2 Stunden warten, also hol jetzt alles aus der Kiste raus, was
geht!” – Fragendes Kopfschütteln. Ein Blick nach vorne: Lediglich die dicke
dunkle Rauchwolke des Busses ist noch zu sehen.
Jetzt reichts.
Ich beuge mich nach vorne und lege meine Hand
auf den Lenker. Mit allem Schwung drehe ich ihn zum Anschlag nach unten und die
Riksha beginnt zu schnurren. Der Schweiß steht mir auf der Stirn, mein Fahrer
weiß nicht wie ihm geschieht, doch wir machen Meter um Meter gut. Längst im
Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der anderen Verkehrsteilnehmer angelangt,
versteht der Rikshawalla nun endlich, was ich vorhabe. Er gibt mir ein Zeichen,
sodass ich mich wieder hinsetze und eilig meine Taschen zusammankrame und Geld
raussuche. Wir sind jetzt auf einer Höhe mit dem Bus. Ich halte meinen Kopf aus
der Riksha und brülle was das Zeug hält, während ich mit den Händen wie wild
umherfuchtel, sodass mir beinahe die Taschen abhandenkommen. Die Menschen im
Bus nehmen mich als erstes wahr. Fragender Blick, Entsetzen, dann ein
schüchternes Lächeln und schließlich gehässiges Lachen – so ist die allgemeine
Reaktion auf mein Erscheinungsbild. Eine gefühlte Ewigkeit, die ich mit
rumhampeln, zappeln und brüllen fülle, dann bemerkt mich endlich der Fahrer des
Busses. Auch er kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Ja, lacht doch ruhig
ihr blöden Säcke!!!“, rufe ich. Schließlich hat er Erbarmen und bremst den Bus
ein wenig ab. Ich wittere meine letzte Chance. Innerhalb von drei Sekunden
drücke ich dem Fahrer das Geld in die Hand und springe aus der Riksha – AUA!
Nun sitze ich da, auf meinem Hintern, mitten auf der Straße. Meine Tüte mit dem
Monopoly ist aufgeplatzt und mein Fuß verknaxt. Der Bus fährt weiter. Ich glaub
ich spinne! Ich nehme den ganzen Kram unter den Arm und flitze los, hinter dem
Bus her. In Gedanken verfasse ich die schlimmsten Wutreden meines Lebens. Am liebsten
würde ich heulen oder schreien oder beides – doch dafür bleibt jetzt keine Zeit!
Vielleicht ist es eine göttliche Eingebung,
Mitleid oder einfach nur Zufall. Jedenfalls kommt der Bus nach etwa einer Minute „Flitzen
am Limit“ zum Stillstand. Ich steige ein und setze mich auf den
Behindertenplatz. Zumindest für die nächsten fünf Minuten, so finde ich, habe
ich darauf vollen Anspruch!