Montag, 5. März 2012

Wie ich versehentlich Alice Schwarzer stolz machte



Hier sitze ich nun in einer Halle gefüllt von Feministinnen. Lauter Fratzen, die stolz ihre Bein- und Gesichtsbehaarung zur Schau stellen, die für die Weiblichkeit kämpfen obwohl sie selbst aussehen wie weißrussische Kugelstoßerinnen. Bilde ich es mir ein oder hängen ihnen tatsächlich Schilder um den Hals, die in großen Lettern aussagen was keiner Aussage mehr bedarf: „Ich bin chronisch unbefriedigt!“?
Und während ich mir stundenlang Vorträge auf Telugu anhöre vertiefe ich mich in Gedanken, ob es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen schlechtem Aussehen und dem übermäßigen Engagement in Sachen Frauenrechte gibt… Ach, sieh an, da hinten sind ja auch ein paar mickrige Männerchen. Die scheinen den Braten mit den unbefriedigten Emanzen gerochen zu haben –Quantität statt Qualität. Und auch wenn, oder gerade weil mir jedes Verständnis für das Erscheinen männlicher Besucher fehlt, so muss ich den Herren doch zugutehalten, dass sie Mut haben. Ich hätte angesichts der üblen Blicke viel zu große Angst, nur noch als halber Mann den Saal zu verlassen – echt.

Plötzlich hören meine Ohren, die längst darauf abtrainiert sind, nur noch ganz spezielle Wörter rauszufiltern und dann bis zu meinem Gehirn weiterzuleiten, ein mir nur allzu vertrautes Wort, das mir das erste authentische Lächeln des Tages entlockt: „Snacks!“

Ich eile runter. Kekse und Tschai – Strike! Erst jetzt wird mir klar, wie glücklich ich mich schätzen kann, einen Platz in der ersten Reihe zu besetzen, denn so konnte ich für lange Zeit verdrängen, welche Rolle ich an diesem Tag mal wieder übernehmen sollte: Ich bin der Affe im Zoo. Nein, schlimmer noch, denn die Menschen versuchen nicht einmal mich zu füttern sondern lediglich Fotos zu schießen und mich zu begrabschen. Ich lächle schüchtern und versuche jede Art des Blickkontakts zu vermeiden.

Buff, „AUA!“, „OH SORRY!!!“, „Verdammte Scheiße, geht’s noch?!“

Nicht nur, dass ich einfach mal so gewaltvoll angetippt werde, dass ich mir meinen kochend heißen Tee über den Arm kippe, nein, jetzt ist auch noch mein weißes T-Shirt im Arsch!

Eilig kommt eine Freundin der Attentäterin zur Hilfe: „Sorry, Madame, my friend doesn’t speak English!“

Freundlich lächelnd (für diese Darstellung hätte ich nen Oscar verdient!) drehe ich mich zu meiner Tee-Bekanntschaft um: „Ach weißt du, das macht üüüberhaupt nichts! Ist ja ganz selbstverständlich, dass ich hier durchgängig den Kasper spiele, der 200 Mal dieselben bescheuerten Fragen denselben bescheuerten Menschen beantwortet, die zwar in der Schule den Fragesatz gelernt haben, aber meine Antwort überhaupt nicht verstehen. Es macht mir im Übrigen auch tierischen Spaß mich mit so rücksichtsvollen Menschen wie du einer bist fotografieren zu lassen. Und davon abgesehen macht es mich regelrecht an, am Tag 80 Paar schwitzige Hände zu schütteln wenn es auf dem Klo nicht mal Seife gibt!“

„You are so nice, sister!“ lautet die Gegenreaktion.

Anstatt mir einen neuen Tee zu holen, beschließe ich, auf Toilette zu gehen. 

Geil.

 Da halten Emanzen Emanzenvorträge für andere Emanzen, in denen sie die Welt verändern wollen und zwei Minuten später werde ich vor die Tatsache gestellt, dass es in dem riesigen Gebäude sechs Toiletten für Männer und genau eine einzige für Frauen gibt. Die Reihe vorm Klo ist 20 Meter lang, macht nach dem Einsteinischen Klogesetz etwa 35 Minuten Wartezeit – zu lang!

„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, denke ich mir und da ich sowieso der ungewollte Mittelpunkt der Veranstaltung bin, trete ich vor die Menge und unterbreite ein Angebot, dass man (also auch Mannsweib) nicht abschlagen kann: „Hey, can you listen for a second? Why don’t we just use the Gents toilet, too? I can only see women, so there won’t be any problem…!”

Blankes Entsetzen ist die Antwort. „No!“, „NO!!“, „No, no, no!!!!“, rufen alle hektisch durcheinander (in diesem Moment stellte ich fest, dass es doch irgendwo Frauen sein müssen…).

„Ach leckt mich doch!“, sage ich in neutraler Tonlage (der Ton macht die Musik!) und gehe entschlossen an der Warteschlange vorbei aufs Männerklo.

Mein Kopf redet noch etwa 5 Minuten mit den verklemmten Damen vor der Tür, die sich hoffentlich vor lauter politischer Korrektheit in die Hose machen, während ich mir bereits die Hände wasche. Plötzlich klopft es. HÄ? Klopfen? Eine Männerstimme ertönt: „Madame, please come outside!“, höre ich eine nun recht raue Männerstimme.

Moment mal, werde ich hier gerade aus dem Klo geschmissen?! Ich öffne die Tür. Ein Mann in Nadelstreifenanzug, groß gebaut, steht vor mir und guckt mich erbost an.

„I am the owner of this house and I you are not allowed to use this toilet! This is for men only, you have to use this toilet!”
“Ok, sorry…”, höre ich mich sagen. Bin ich eigentlich bescheuert?! OK?! SORRY?! Der Schnösel soll sich mal….Mann ey! Ich gehe völlig verunsichert zu meinem Sitzplatz zurück. 

Auf halber Strecke drehe ich mich auf dem Absatz meiner Flip-Flops um, laufe mit ausgestrecktem Zeigefinger zurück und brülle: „Eines sag ich euch: Ihr Emanzen seid auch nicht mehr das, was ihr mal ward!“

3 Kommentare:

  1. Na, das war ja mal eine Vorstellung vom Feinsten :-)
    Haste aber auch recht, auf´m Flair benutzen wir ja auch manchmal die Männertoiletten, also warum dann nicht auch in Indien!?
    Gruß und Kuss

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  2. "No" "NO!" "No no" wie bei das Leben des Brian? :D http://www.youtube.com/watch?v=MIaORknS1Dk

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    1. 20 Jahre und kein bisschen leise....gefällt mir! Respekt!
      Gruß Mama

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