Sonntag, 3. Juni 2012

Armut (Ein Versuch)



Lange habe ich dieses Thema umgangen, es schlichtweg nicht erwähnt. Doch wir alle wissen, dass Indien ein sogenanntes Entwicklungsland ist, hier gibt es Armut. Bittere Armut.
Ich rede nicht davon, dass sich 50 Kinder eine Flasche Sprite teilen, sodass jedes den Inhalt des Verschlussdeckels trinken darf oder davon, dass die Mädchen hier teilweise zu dritt in einem Bett schlafen – nein.

Heute möchte ich über Armut berichten.

Ich lebe seit nun fast 9 Monaten in Indien. Es waren die 9 intensivsten Monate meines Lebens. Und genau jetzt fühle ich mich, ob berechtigt oder unberechtigt sei an dieser Stelle unbedeutend, dazu in der Lage, etwas über dieses unendlich heikle und kontroverse Thema zu schreiben.

Vielleicht hätte ich es noch ewig vor mir hergeschoben, wahrscheinlich hätte ich es letzten Endes nie wirklich behandelt. Doch dann kam dieser eine Tag, der mir so viele Eindrücke und Erkenntnisse bescherte, die es mir jetzt unmöglich machen, darüber zu schweigen. Ich muss mich mitteilen, weil ich gerne dramatische Geschichten erzähle. Doch diesmal, so glaube ich, ist es mehr. Diesmal geht es um Aufarbeitung, um Gewissensbereinigung und letztendlich um Moral.

Es war gestern. Ich bin mit drei der älteren Mädchen früh morgens zum Tempel gelaufen um die wöchentlichen Gebetsprozeduren (sorry, mir fällt kein besseres Wort dafür ein)zu vollziehen. Des Weiteren wollten wir auf dem Rückweg noch unsere Torwächterin und deren Töchter besuchen, die ebenfalls während der Schulzeit im Heim leben.

Mir war ja immer klar, dass dieses Heim hier, so krass wie es für manchen klingen mag, ziemlich privilegiert ist. Schon alleine deshalb weil es jeden Tag etwas zu essen gibt und wir fließendes Wasser, Strom und Gas haben. Ich wusste, dass es vielen Menschen in meinem direkten Umfeld viel schlechter geht, dass die meisten Menschen, die mir hier begegnen gerade so am Existenzminimum leben. Aber was ich gestern sah, dass raubte mir schlichtweg den Atem. Es raubte mir auch den letzten Fetzen Naivität und vor allem raubte es mir die Fähigkeit, mein Gewissen abzustellen. Bisher konnte ich mir immer irgendwie einreden, dass „die“ trotzdem glücklich sind, dass „die“ das selbst gar nicht so schlimm finden und dass „die“ vielleicht eines Tages a la Slumdog Millionair doch noch die Kurve kriegen.

Wer bisher auch so dachte und wer nicht bereit ist, sich vor dieser Wahrnehmung zu verabschieden, sollte vielleicht besser nicht weiterlesen. Hätte ich jetzt nochmal die Wahl, ich glaube ich hätte gerne an meinem alten, einfachen Weltbild festgehalten…

Doch stattdessen trieb mich irgendetwas an den Ort, der jeden Versuch des Optimismus im Keim erstickte, nein, der gar nicht erst den Boden bereitstellte, um Optimismus zu pflanzen – ich war im Ghetto.

Ich habe nun schon einige sogenannte Slums gesehen – besonders in der letzten Zeit. Und auch obwohl dort ebenfalls große Armut herrscht, es ist doch irgendwie nicht vergleichbar und ich kann nicht einmal sagen warum. Ich will auch nichts beschönigen, wahrscheinlich ist es lediglich meine ganz persönliche Wahrnehmung, doch ich fand die Stunden im Ghetto krasser als alles andere zuvor.

Ich laufe auf großen Betonplatten zwischen den insgesamt 18 riesigen, exakt identischen Wohnblocks hindurch. Eines der Mädchen berichtet mir, dass die Regierung diese Blocks hat bauen lassen, jedoch ohne irgendwie zu regeln, wer darin wohnen darf und vor allem: wer nicht.
Ich biege ab und stolpere fast über ein Mädchen, welches am Boden liegt. Untenrum ist sie nackt. Sie ist völlig verdreckt, hat Wunden, scheint irgendeine Art Ausschlag zu haben. Sie ist völlig unbeweglich, Ihr Gesicht liegt in Erbrochenem, der Rest des Körpers in flüssigem Kot.

Ich gehe weiter.

Eine Frau bittet mich in ihre Wohnung, offenbar scheint sie sehr stolz darauf zu sein. Ich betrete einen etwa neun Quadratmeter großen Raum, ohne Fenster. Die Wände sind, bis auf das Poster von Ganesh, völlig kahl. Es stinkt bestialisch. Sieben Menschen schlafen hier jeden Tag, berichtet sie. Obwohl die Wohnung nicht dreckig ist, es kommen starke Gefühle von Ekel in mir hoch.

Ich gehe weiter.

Ich sehe eine Gruppe von Jungen, die alle etwa 14 Jahre alt sind. Sie fassen sich auffällig in den Schritt, als sie mich sehen, rufen mir irgendetwas auf Telugu zu. Drei Jungen kommen sogar auf mich zu und greifen fest an meinen Hintern. Ich schlage die Hände weg, sie zu ohrfeigen schaffe ich diesmal nicht. Irgendwie habe ich Angst vor ihnen, denn alles in ihren Augen sagt mir, dass sie nichts mehr zu verlieren haben.

Ich gehe weiter.

Eine weitere Gruppe Jugendlicher steht an einer Hauswand und prügelt unaufhörlich auf jemanden ein, ich kann nicht mal erkennen, ob es ein Mann oder eine Frau ist. Das Opfer wehrt sich nicht, es gibt nicht einmal mehr Laute von sich.

Ich gehe weiter.

Gemeinsam mit den Mädchen betrete ich nun ein weiteres Gebäude, wo auch unsere Torwächterin Nagomanie wohnt. Das gleiche Bild wie vorher: ein stinkender, dunkler Raum. Zwei etwa 70 Jährige liegen auf dem feuchten Betonboden und schlafen. Beim Rausgehen fällt mein Blick in die gegenüberliegende Wohnung. Zwei kleine Kinder, vielleicht drei und fünf kriechen auf dem Boden herum. Daneben steht ein Mann. Er hat beide Hände in seiner Hose. Das war der widerlichste Blick den ich jemals gesehen habe.

Ich gehe weiter.


Als ich das Ghetto verlasse, drehe ich mich noch einmal um: Das Mädchen liegt immer noch unbeweglich da.





Keine Angst, ich bin kein neuer Mensch geworden, kann immer noch fröhlich, albern und unbeschwert sein.

Oder ist es vielleicht genau das, was einem Angst machen sollte? Dass man unberührbar ist? Dass ich völlig kalt bin, nicht mal mit der Wimper zucke wenn mich eine Mutter mit Baby auf dem Arm anfleht, ihr Geld für Nahrung zu geben. Ich schaue noch nicht einmal beschämt weg oder versuche, dieser  Situation aus dem Weg zu gehen – ich schaue ihr direkt in die Augen und sage „No.“.

Ich bin verroht.

Was mir einst mein höchstes Gut war, bröckelt unaufhaltsam unter meinen Füßen: meine Moral. Ich beginne zu wanken, komme an Punkte wo ich mich regelrecht dafür schäme dieses unendlich privilegierte Leben zu haben, wo ich mich für meine Herkunft schäme, für mein Land (sofern es das überhaupt noch ist) und für meine selbstgerechte Art. Und im nächsten Moment rege ich mich unendlich darüber auf, dass das Internet so langsam ist.

Paradox?

Oh Mann, wie sehr sehne ich mich doch manchmal nach den Tagen, an denen ich in Deutschland auf dem Sofa saß und auf alle Fragen Antworten hatte.

Doch jetzt weiß ich, wer glaubt, die Welt zu verstehen, der hat sie noch nie richtig gesehen.

Ich weiß nicht, was du machen würdest aber…


Ich gehe weiter.

Donnerstag, 31. Mai 2012

Wer hätte das gedacht...?


Wer hätte das gedacht…?


Es gibt Tage, an denen stellt mein Rücken nichts Anderes dar, als eine Zielscheibe, in die Messer geworfen werden, meine Beine sind lediglich da, um Stöcke dazwischen zu werfen.
Jeder arbeitet gegen jeden, aber vor allem arbeitet jeder gegen mich.

Doch von diesen Tagen möchte ich heute nicht berichten, schon alleine deshalb, weil diese Mistdinger die Aufmerksamkeit, die ihnen dadurch zu Teil werden würde, nicht verdienen!

Stattdessen ist es mal wieder an der Zeit, über Erfolge zu berichten. Eine ehemalige Mathelehrerin von mir pflegte stets zu sagen, dass mein Gehirn nicht richtig strukturiert sei und dass durch diese Fehlstrukturierung der Bereich des logischen Denkens quasi unterdrückt werde.

Nunja ich glaube, nein, ich bin mir sogar sicher, dass durch dauerhaften Fernseh-, Feier-, und Alkoholverzicht so einiges an Struktur wieder hergestellt werden kann. Anders kann ich mir meine genieähnlichen Gedankenblitze in dem Bereich „praktisches Denken“, der direkt an die Logik-Ebene geknüpft ist, nicht erklären.

Es mag manchen nicht sonderlich beeindrucken, mancher wird auch einfach sagen, dass es die Not ist, die erfinderisch macht, doch ich denke, dass ich die Menschen, die mich kennen, schon ziemlich beeindrucken kann, wenn ich zum Beispiel berichte, dass ich nun nicht nur meine eigenen Klamotten reparieren kann, indem ich die Löcher fein säuberlich zunähe, sondern nun auch ein richtiges echten Puppenkleid genäht habe.

BAM!

Ja, und das ist noch nicht alles: Die Mädchen verlieren ständig das Gegenstück zu ihren Ohrringen (ihr wisst schon, diese kleinen Metallscheiben, die man auf die Rückseite der Ohren macht, damit der Stecker nicht verloren geht…).
Da kam ich auf die glorreiche Idee, einfach ein Stück Radiergummi zu verwenden!

Und jetzt zum Highlight. Ich habe ein Kinderfahrrad repariert, das komplett auseinander gefallen war. Und da es hier kein Werkzeug gibt, geschah das Ganze mit…
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einer Heckenschere!!!

Leider gab es auch keine Schrauben, also musste ich improvisieren. 

Und damit ich den Sattel befestigen kann, hab ich einfach die Bremsen abgeschraubt. Aber das ist eine andere Geschichte…

Dienstag, 22. Mai 2012

Kompass



Ich kam, sah und….war verwirrt.

Sollte eines Tages eine Biographie meiner Person existieren, dies wäre wohl der passende Titel – zumindest wenn man vom momentanen Zeitpunkt ausgeht. Wobei...nein, es ist kein Zeitpunkt. Mein ganzes Leben lang bin ich schon verwirrt. Ich hatte noch nie ein klares Ziel vor Augen, keinen genialen Plan von meinem Leben, nicht mal einen schlechten.

Das machte mir früher noch nicht zu schaffen, denn da stand für mich fest: Montags bin ich Ärztin, dienstags Lehrerin, mittwochs Reiterhofbesitzerin, donnerstags Tierärztin und am Wochenende Rockstar.

Mittlerweile ist mir bewusst geworden, dass ich all meine Hobbys, meine Interessen und meine eingebildeten, aber auch die tatsächlich vorhandenen Talente nicht so einfach unter einen Hut bringen kann.

Es dürstet mich nach Ruhm, Macht und Geld genauso sehr wir nach einem Leben in völliger Armut, fern von Konventionen und dafür in Freiheit und Selbstbestimmung.

Und ich hasse Kompromisse.

Was stimmt da nicht mit mir? Ich bin 20 Jahre alt, stehe nun endgültig an der Kreuzung in meinem Leben wo ich Entscheidungen treffen muss und bin völlig unfähig, dieser Anforderung gerecht zu werden.

 Es scheint, als hätte ich meinen Kompass verloren, vielleicht ist er auch einfach kaputt oder aber ich habe nie gelernt ihn zu lesen.

Ich wünschte ich könnte mein Leben komplett in die Hände des Schicksals legen, oder die des Zufalls, des Windes, der Liebe oder in die Hand Gottes oder an was auch immer ich glaube.

Nunja, ich weiß nicht ob Gott so etwas macht, aber das Schicksal schreibt mir sicher keine Uni-Bewerbungen. Also muss ich doch irgendwie aktiv werden. 

Ich kann das Leben nicht auf mich regnen lassen, ohne vorher die Wolken über mein Haupt geschoben zu haben.

Als ich hierher kam, wollte ich Klarheit über mein Leben gewinnen, doch das Einzige, was mir diesbezüglich klar wurde ist, dass ich völlig verwirrt bin.

Mir reicht kein einziges kleines kurzes Leben, um meine ganzen Träume zu verwirklichen! Und wenn ich nicht die Gewissheit habe, dass ich irgendwann nochmal auf Neustart klicken kann, erscheint es mir unmöglich mich für einen Lebensstil zu entscheiden. Ich möchte kurz mal auf „Speichern“ klicken und dann alles Mögliche ausprobieren, bevor ich mich festlege.

Aber nein…dann wäre mein Leben ja völlig sinnentleert.

Ich habe geübt, gelernt, probiert. Jetzt stehe ich gespannt hinter dem roten Vorhang und warte darauf, dass er sich öffnet. Und ich muss begreifen, dass es letztlich, völlig unabhängig davon, was sich auf der anderen Seite des Vorhangs befindet, nur auf meine eigene Darstellung ankommt. Denn die höchsten Ansprüche an mich sind meine eigenen.
Und hey, ich meine, wenn ich am Ende der Vorstellung nur Pfiffe und faulige Tomaten von den Zuschauern bekomme, mein Gott, dann such ich mir halt ne andere Bühne. Hauptsache ist, dass ich dabei nie aufhöre, ausschließlich mich selbst zu spielen.

Ich glaub ich weiß, wie sich die Sache mit dem Kompass bei mir verhält. Ich habe einen. Ich weiß auch, wie ich ihn lesen muss. Doch ich weiß eben auch, dass die Erde rund ist, damit man in alle Richtungen gehen kann. Also werde ich meinen Kompass beruhigt zuklappen und daran denken, dass man ohne Orientierungssinn viel mehr von der Welt sieht.

Und irgendwann möchte ich lächelnd unter der Erde liegen und an die Worte auf meinem Grabstein denken: „Was wäre wenn…?“

Dienstag, 15. Mai 2012

Der ultimative Blogeintrag


Nachdem ich mich nun schon wieder ne Weile nicht in meinem Blog betätigt habe, obwohl ich mir das fest vorgenommen hatte (an dieser Stelle ein kleiner Zwischenkommentar der Autorin: "Scheiße, vergeht die Zeit gerade schnell!!!“), hier ein Nachtrag aller wichtigen und, wie ihr es von mir gewohnt seid, besonders der unwichtigen Ereignisse.


Die Monster aus meinem Englischunterricht

In der letzten Zeit haben sich meine Aufgaben hier im Heim geändert, was teilweise auch durch die momentanen Ferien bedingt ist. So gebe ich jetzt zum Beispiel einer Gruppe von vier bis acht Mädchen zweimal täglich für eineinhalb Stunden Englischunterricht, der besonders darauf ausgelegt ist, den Mädchen freies Sprechen und solides Verstehen der Fremdsprache zu vermitteln. Es ist oft anstrengend, da das Lernniveau sehr unterschiedlich ist, die Konzentration schnell nachlässt und ich vor der Herausforderung stehe, einen Spagat zwischen „Ich-bin-die-große-Schwester-und-Spielgefährtin-und-Kummerkasten“ und „Ich-bin-die-Lehrerin-die-zwar-lockeren-und-interessanten-Unterricht-hält-aber-dennoch-was-vermitteln-will“ zu machen.

Ziel des ganzen Projektes ist es, die Mädchen fit fürs College zu machen, wo ausschließlich Englisch gesprochen wird – diese Aufgabe befindet sich für mich auf demselben Niveau wie: Überzeuge Opa Hans davon, Vegetarier zu werden.

(An dieser Stelle kommt ein symbolischer Absatz.)

Letzte Woche habe ich mit meiner Klasse das Vorstellen geübt. Sie sollten aufstehen und sich selbst nach verschiedenen Kriterien, die sich zunächst nur auf Äußerlichkeiten beschränkten, vor der Gruppe beschreiben.

An diesem Tag sollte ich vor eine zusätzliche Herausforderung gestellt werden, nämlich der, nicht zu lachen. Hier die besten Sätze (nur zur Sicherheit: ich unterrichte ausschließlich Menschen!):

„Ich habe ein fettes, quadratisches Gesicht.“
„Meine Nase sieht aus wie eine große Gurke und meine Ohren haben die Form von Mangos.“
„Ich bin sehr klein und habe winzige Arme.“
„Ich habe verlauste Haare.“
„Ich habe Pickel im Gesicht, aber ich bin wunderschön.“
„Ich habe zwei Arme, zwei Augen, zwei Ohren und zwei Beine mit vielen dunklen Haaren.“


Die Ratte

Liveschaltung. Es ist Mittwoch, der 9.Mai und ich skype mit Rahel, als ich plötzlich höre, wie ein großes Tier an der Seite meiner angelehnten Badezimmertür hochklettert. Zu diesem Zeitpunkt hoffe ich noch, dass es sich lediglich um eine große Echse handelt. Wieder auf das Gespräch mit meiner Liebsten konzentriert, verfluche ich die Fähigkeit des peripheren Sehens, als plötzlich ein riiiiiiieeeeeeeesiger, langer, dünner, krummer Rattenschwanz an meiner Tür runterhängt. Abrupt muss ich die Konversation beenden. Meine Blase drückt ohne Ende, doch in kann unter keinen Umständen ins Bad, nur über meine Leiche!!!

(An dieser geht ein herzlicher Dank an meine Mutter, die mir ihre Angst vor Nagern offensichtlich vererbt hat.)

Ich bin mal zur Abwechslung ganz Mädchen und vergieße ein paar Verzweiflungstränchen während mein gesamten Körper von Ekel-Gänsehaut überzogen ist. Ich rufe Hannes an und teile ihm mit, dass ich auf dem Dach schlafen werde. 


Antwort: „Da sind doch bestimmt auch Ratten.“

Klasse.

Irgendwann befreit sich mein Hirn aus dem Standby-Modus (ok, es benötigte ein wenig Zuspruch) und beschließt, die Mädchen um Hilfe zu bitten. Es ist bereits nach 22 Uhr.

Schließlich finde ich zwei angstfreie Helferinnen, die todesmutig in mein Zimmer gehen. Ich stehe zu diesem Zeitpunkt schluchzend im Büro, wo ich mich aus lauter Angst vor einer mir entgegen rennenden Ratte eingeschlossen habe.

Irgendwann klopft es am Fenster, ich zucke zusammen. „Sister, finished!“, ruft Durga, die Rattenfängerin. Erleichtert öffne ich die Tür und erblicke das Mädchen, wie es meinen Duscheimer in den Händen hält – mit der schwimmenden Ratte drin! Ich schreie was das Zeug hält und verbarrikadiere mich wieder im Büro; bis das Viech endlich draußen freigelassen wird (ich hätte in diesem Falle die Todesstrafe bevorzugt!). Nach einigen ausführlichen Verbeugungen vor meinen Lebensretterinnen und der Verteilung meines vollen Respekts nehme ich meinen leeren Duscheimer wieder mit ins Zimmer, ziehe von außen schnell die Badtür zu und verriegel sie. Nein, ich werde dieses Bad nie wieder angstfrei betreten können!

In der Nacht träume ich von Rattenschwänzen, die durch mein Gesicht fahren, von Rattenzähnen die an meinen Füßen nagen und von davon, wie dieses widerlichen Drecksviecher die Weltherrschaft an sich reißen. Ich wache kurzzeitig auf und habe apokalyptische Vorstellungen wie die, dass die Ratte in meinem Bad ihre Jungen zur Welt gebracht hat und die morgen früh auf mich warten, um sich zu rächen. Dann frage ich mich, ob die Ratte vielleicht Krankheiten hat und ob ich vielleicht morgen beim Berühren des Wasserhahns die Pest bekommen könnte.

Dann ist es soweit, es ist Morgen. Ich kann nicht ins Bad, ich kann es einfach nicht. Zwei Stunden liege ich mit drückender Blase im Bett und versuche mich zu überwinden: es hilft nichts.
Wieder rufe ich Hannes an.

„Du kannst nicht die nächsten drei Monate nicht mehr ins Bad gehen!“
„Ja, ich weiß.“
„Dann öffne jetzt die Tür und schau rein.“
„Ich kann nicht!“

Dieser Dialog findet etwa 5 fünf Minuten lang in ständiger Wiederholung statt. Ich beschließe mich, die Tür aufzuschließen, doch öffnen kann ich sie nicht.

Also stelle ich mich auf das gegenüberstehende Bett und versuche, meinen Latschen gegen die Tür zu werfen. Wie meine Statistik bei den Bundesjugendspielen schon vermuten lässt, treffe ich natürlich daneben.
„Dann flitz schnell zur Tür und tritt dagegen und dann springst du schnell wieder aufs Bett.“, lautet Hannes Rat.

Gemacht, getan. Leider hab ich so fest getreten, dass die Tür bis zum Anschlag aufgeht und dann gleich wieder zufällt. In dem Zeitpunkt als man hätte reinschauen können war ich mit dem Sprint zurück aufs Bett beschäftigt. Mist.

Naja, was soll ich sagen, nach etwa 20 Minuten Argumentation auf höchstem Niveau bin ich todesmutig ins Bad gegangen. Und das tue ich jetzt wieder regelmäßig, weil mir einfach nichts anderes übrig bleibt. Jedoch klopfe ich jedes Mal erst vorsichtig gegen die Tür und lausche dann, ob sich irgendetwas bewegt, bevor ich dann wirklich reingehe. Achja und am nächsten Tag habe ich mit einer ganzen Rolle Panzerband und etwa 60 Reißzwecken mein Badefenster verbarrikadiert (rein optisch könnte man meinen, es herrsche Krieg!). Und um auch die letzten Zweifel wegen Krankheiten zu beseitigen, habe ich alles geputzt und desinfiziert.
Um mein Trauma zu bekämpfen ging ich schließlich zu den Mädchen und berichtete nochmal allen von der Ratte.


Einziger Kommentar: „They only come, when the room is ugly.“

Na danke, jetzt musste ich auch noch den Rest des Zimmer putzen, man weiß ja nie…





Die Striche werden dünner

In meinem Zimmer hängt nach wie vor ein Countdown, wo ich jeden Abend einen Tag durchstreiche. Und jeden Abend stelle ich erschrocken fest, dass schon wieder ein Tag vergangen ist. Es gibt vieles worauf ich mich in Deutschland freue, aber ich habe auch wirklich Angst vor meiner Rückkehr, von Deutschland und davor, dass ich nicht mehr nach Deutschland passe.

Ich bin jetzt in diesem Moment voll und ganz in Indien angekommen, ich fühle mich jetzt indisch und (so absurd dieser Ausdruck angesichts der wenigen Privatsphäre und meiner gesamten Lebenssituation erscheinen mag) ich fühle mich frei.

Ich möchte mein Leben hier nicht zurücklassen, weil ich das Gefühl habe, dass es hier noch so viel für mich zu tun, zu entdecken und zu lernen gibt. Das gegenteilige Gefühl hatte ich damals, als ich Deutschland verlassen habe. Es gab dort nichts mehr für mich zu tun, zumindest nichts, was mich gereizt hat.
Deutschland zu verlassen war machbar, weil ich wusste, dass es nur ein Abschied auf Zeit ist. Indien zu verlassen, bedeutet ein Abschied für immer. Selbst wenn ich in den nächsten fünf Jahren nochmal herkommen sollte , hier wird alles anders sein. Ich werde nie wieder an diesen Punkt in meinem Leben zurückkommen und obwohl ich weiß, dass es gut ist, weiterzuziehen, dass oft wechselnde Lebensverhältnisse auf mich einen starken Reiz ausüben und ich Angst vor Stagnation habe, sehe ich momentan fast nur die schlechten Seiten, sehe nur, was ich weggeben muss, nicht aber, was ich dafür bekomme.

Ich hätte nicht gedacht, dass ich an diesen Punkt kommen werden, niemals.
Es ist nur eine Phase, da bin ich mir sicher, und ich weiß, dass sie zu dem ganzen Projekt „Auslandsjahr“ dazugehört.

Während ich am Anfang und direkt nach Sri Lanka dicke fette Striche auf meinem Countdown gemacht habe, werden sie jetzt jeden Tag vorsichtiger und dünner. Und ich glaube nicht, dass sich das in den letzten drei Monaten ändern wird…

Samstag, 5. Mai 2012

Wie mir Gruppenzwang zum Glück verhalf


„Priya, Priya, Priya….!!!“

Hände klatschen, die Kirche tobt. Ich gehe schüchtern nach vorne. Jeder Schritt wird von etwa 150 Menschen bejubelt. Für den Bruchteil einer Sekunde schließe ich die Augen und atme tief ein und aus – mehr Zeit bleibt nicht. Ich versuche abzuschalten, mich auf meinen Atem zu konzentrieren, doch mein lauter, viel zu schneller Herzschlag verhindert jedes „zur Ruhe kommen“.
Ich will das nicht. Echt jetzt.
Langsamer zu gehen würde bedeuten, stehen zu bleiben. Und so lässt es sich nicht vermeiden, dass der Weg irgendwann zu Ende ist. Jetzt stehe ich vorne. Ein kurzes, pseudofreundliches Zunicken, dann drehe ich mich langsam um und blicke in die erwartungsvollen Gesichter. Ich greife nach vorne und umfasse mit beiden Händen das Mikrofon, dass ich nun immer näher vor meinen Mund führe.
Ich atme ein, dann öffnen sich meine Lippen.

Stopp! Zurückspulen! Am Abend vorher:

Navaneetha kommt aufgeregt zu mir gerannt: „Sister, sister, tomorrow marriage, you coming?“
Und wie ich komme! Darauf hab ich schließlich schon ewig gewartet: endlich eine indische Hochzeit erleben! Der Onkel eines Mädchens aus dem Heim heiratet und läd das gesamte Mädchenheim ein (nur, um sich mal der Dimensionen einer indischen Hochzeit bewusst zu werden…)

Und so kommt es, dass ich heute Morgen, gemeinsam mit 14 Mädchen aus dem Heim eine knallepinke Kirche betrete, aus der laue Gitarrenklänge kommen. Wir ziehen die Schuhe aus und gehen rein. Wie automatisch richtet sich mein erster Blick darauf, auf welcher Seite die Frauen sitzen, schließlich ist hier alles nach Geschlechtern getrennt. Dann erst schaue ich mich um: Die ganze Kirche glitzert und funkelt. Vorne steht eine Bühne mit zwei Thronen in königlichem Rot und mit etlichen Glitzersteinen verziert, auf denen später das Brautpaar sitzen sollte.

In der rechten vorderen Ecke spielt eine..äh…Musikgruppe (Wenn ich von Band sprechen würde, wäre das für alle echten eine grobe Beleidigung…!)
Man stelle sich vor: Kirchenmusik im Stile der 90er Jahre Elektroszene, ein 16 jähriger Junge der noch mitten im Stimmbruch zu stecken scheint, ein narzisstischer Gitarrist, der offensichtlich einen internen Lautstärke-Wettkampf mit dem Schlagzeuger ausfechtet und das alles verstärkt von acht riiiieeesigen Boxen, sodass man nicht nur sein eigenes Wort nicht mehr hören kann, sondern auch jede Gedanken bei der Lautstärke kläglich verstummen. Das ist definitiv Körperverletzung! Ich habe Kopfweh und bin genervt von den Basstönen, die meinen gesamten Körper zum Vibrieren bringen. Das ganze Gedudel muss ich exakt 53 Minuten ertragen. Als der erste Funke Hoffnung auf Erlösung aufkeimt, passiert etwas Furchtbares: 4 Frauen, die locker das Format der Weathergirls haben, quetschen sich vor den Mikrofonständer. Würde man an schlechtem Gesang sterben, ich könnte diesen Blogeintrag nicht mehr verfassen.
Sie singen mal locker zwei Oktaven höher, als es ihre Stimme zulässt und schreien dabei was das Zeug hält, aus Angst nicht gehört zu werden. Eine Mischung aus den Schlümpfen, Modern Talking und DJ Bobo - Ich bin kurz davor, die Kirche zu verlassen.

Plötzlich springen alle auf: Der Bräutigam betritt die Kirche, schlendert nach vorne und setzt sich auf seinen Thron. Wenig später folg seine Zukünftige. Täusche ich mich, oder hat der Bräutigam diesen gewissen Blick, dieses zuversichtliche Hochziehen einer seitlichen Mundpartie a la „Heute Abend kann ich die Alte endlich flachlegen!“?

Der Gottesdienst beginnt – es handelt sich um eine christliche Hochzeit, es handelt sich um eine arrangierte Hochzeit. Während ein Mann im goldenen Glitzeranzug vorne an der Kanzel rumhampelt wie Christian Rach, wenn ihm das Schnitzel nicht schmeckt und zwischenzeitlich Ausraster hat wie Jürgen Klinsmann im Endspiel gegen Italien, blicke ich mich im Publikum um. Es werden Chips gegessen, SMS geschrieben und lauthals geredet. Der Brautvater, der sich besonders schick gemacht hat (passend zu seinem weißen Anzug trägt er eine gleichfarbige Mütze mit der großen Inschrift „Tic Tac“), stolziert durchgängig auf und ab und versorgt den ganzen Raum mit Wasser.
Der Gottesdienst dauert ewig. Kurz vor dem Einschlafen schrecke ich auf: Die Dame neben mir stellt sich hin und geht sicheren Schrittes nach vorne. Sie positioniert sich vor dem Mikrofon und hält eine Rede, die ich natürlich aufgrund meiner geringen Telugu-Kenntnisse nicht verstehe. Weitere Reden von Gästen werden gehalten. Ich bin gelangweilt.

 Der Brautvater kommt auf mich zu.

„Do you want to say something?”, fragt er und deutet dabei auf das Mikrofon.

„Me? Oh no, thank you, I cannot talk Telugu, so I guess most of the people won’t understand…”, entgegne ich. Dann höre ich eine mir bekannte Stimme, die für sofortige Atemnot und schwitzende Hände bei mir sorgt.

„But Priya sister can sing a song!”, schlägt eines der Mädchen aus dem Heim vor.

 Während auf diesen Vorschlag hin die ersten anfangen, begeistert in die Hände zu klatschen, überlege ich ernsthaft ob ich dem Mädchen eine klatschen soll…!

„No, no!! Please, I really don’t want to sing!“

Tja, und jetzt sind wir wieder am Anfang der Geschichte.

Nun stehe ich also da, wie ein Häufchen Elend. Für die ersten Töne schließe ich meine Augen. Als ich diese wieder öffne, bin ich selbstbewusst und genieße gewissermaßen den Augenblick.

„Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten…….“, singe ich laut, klar und deutlich vor den 150 Hochzeitsgästen.

„Frei ist, wer in Ketten tanzen kann“, hat mir meine Strahli in mein Abschieds-Buch geschrieben. Ich hab keine Ahnung, ob der Satz zur Situation passt, aber aus irgendwelchen Gründen kommt er mir in den Sinn. 

Als ich die letzte Zeile gesungen habe herrscht für den Bruchteil einer Sekunde absolute Stille. Dieser Moment ist der schönste seit langer Zeit. Die Vorfreude auf den Applaus, die Anerkennung und vor allem der Stolz auf mich selbst lassen diese paar Millisekunden unvergesslich machen.
Ich gehe zurück auf meinen Platz, bin wie befreit, gelöst und einfach glücklich.

Der Rest des Gottesdienstes verstreicht, ohne dass ich ihn so wirklich wahrnehme. Dann gibt’s endlich Essen. Natürlich speisen Männer und Frauen und getrennten Räumen (die Damen müssen natürlich in den Keller!). Es gibt Schafs-Curry mit Reis – für den Großteil der Gäste das absolute Highlight, ich hingegen freue mich über die Kartoffeln in der Chilisoße.  Nachtisch gibt’s auch: Herrlich, endlich wieder Zucker (schließlich lebe ich jetzt seit 26 Tagen schnuckifrei!)!!!

Dann geht’s auch wieder heim, mit vollem Magen, jeder Menge Endorphine und der Frage, warum Gruppenzwang ein so negativ besetztes Wort ist…?

Montag, 30. April 2012

Verfolgungsjagd


Mit vollen Einkaufstüten, frisch gefülltem Pizza-Magen, sieben Paar neuen Ohrringen  und leichtem Sonnenbrand steige ich erschöpft in die Riksha. Ein kurzer Blick auf die Uhr – Mist, schon nach vier! „Nach Tarnaka, zur Bushaltestelle bitte!“, sage ich dem Fahrer. Gedankenversunken schaue ich aus dem Fahrzeug und denke daran, wie geflasht ich von diesem Anblick war, als ich einst – vor nun fast 8 Monaten! – nach Indien kam. Autos, Busse, Rikshas und Fahrräder rauschen an mir vorbei. Ein kurzer obligatorischer Blick auf den Bus, der mich gerade überholt: „242B“ steht auf dem oben befestigten Schild. Wie so oft betrachte ich die Preistafel an der Tankstelle: Wieder gestiegen! Ich schaue Menschen hinterher und sehe gierig auf die riesigen Obstberge am Straßenrand. 

Plötzlich klingelts. Laut. Nervig. Unaufhörlich. Das war doch gerade MEIN Bus! Der direkte Bus nach Bogaram!! Das ist quasi ein Sechser im Lotto!!!
„Fast, fast, I have to catch this bus!“, brülle ich den Rikshafahrer an.
Eben jener Bus ist bereits an der Kreuzung vor uns abgebogen. „Turn, turn!!!“, „Sorry Madame, English no!“, bekomme ich als Antwort. Na klasse! Der Ton macht die Musik und wenn er mich eh nicht versteht, kann ich es im auch auf Deutsch erklären, denke ich mir und lege los: “Guter Mann, ich muss diesen beschissenen Bus da vorne kriegen, sonst muss ich mal locker noch 2 Stunden warten, also hol jetzt alles aus der Kiste raus, was geht!” – Fragendes Kopfschütteln. Ein Blick nach vorne: Lediglich die dicke dunkle Rauchwolke des Busses ist noch zu sehen.

Jetzt reichts.

Ich beuge mich nach vorne und lege meine Hand auf den Lenker. Mit allem Schwung drehe ich ihn zum Anschlag nach unten und die Riksha beginnt zu schnurren. Der Schweiß steht mir auf der Stirn, mein Fahrer weiß nicht wie ihm geschieht, doch wir machen Meter um Meter gut. Längst im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der anderen Verkehrsteilnehmer angelangt, versteht der Rikshawalla nun endlich, was ich vorhabe. Er gibt mir ein Zeichen, sodass ich mich wieder hinsetze und eilig meine Taschen zusammankrame und Geld raussuche. Wir sind jetzt auf einer Höhe mit dem Bus. Ich halte meinen Kopf aus der Riksha und brülle was das Zeug hält, während ich mit den Händen wie wild umherfuchtel, sodass mir beinahe die Taschen abhandenkommen. Die Menschen im Bus nehmen mich als erstes wahr. Fragender Blick, Entsetzen, dann ein schüchternes Lächeln und schließlich gehässiges Lachen – so ist die allgemeine Reaktion auf mein Erscheinungsbild. Eine gefühlte Ewigkeit, die ich mit rumhampeln, zappeln und brüllen fülle, dann bemerkt mich endlich der Fahrer des Busses. Auch er kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Ja, lacht doch ruhig ihr blöden Säcke!!!“, rufe ich. Schließlich hat er Erbarmen und bremst den Bus ein wenig ab. Ich wittere meine letzte Chance. Innerhalb von drei Sekunden drücke ich dem Fahrer das Geld in die Hand und springe aus der Riksha – AUA! Nun sitze ich da, auf meinem Hintern, mitten auf der Straße. Meine Tüte mit dem Monopoly ist aufgeplatzt und mein Fuß verknaxt. Der Bus fährt weiter. Ich glaub ich spinne! Ich nehme den ganzen Kram unter den Arm und flitze los, hinter dem Bus her. In Gedanken verfasse ich die schlimmsten Wutreden meines Lebens. Am liebsten würde ich heulen oder schreien oder beides – doch dafür bleibt jetzt keine Zeit!

 Vielleicht ist es eine göttliche Eingebung, Mitleid oder einfach nur Zufall. Jedenfalls  kommt der Bus nach etwa einer Minute „Flitzen am Limit“ zum Stillstand. Ich steige ein und setze mich auf den Behindertenplatz. Zumindest für die nächsten fünf Minuten, so finde ich, habe ich darauf vollen Anspruch!

Freitag, 20. April 2012

Selbstmitleid Ade!


Ich bin Skorpion (in Fachkreisen besser bekannt als „Skoppsssssion“), ich bin analytisch, ich bin kopfgesteuert. Folglich bleibe ich nie lange in einem Tief. Deshalb habe ich heute, genauer gesagt vor dreieinhalb Minuten, beschlossen, wieder glücklich zu sein. Jede Veränderung beginnt im Kopf.

Also sehe ich die Dinge jetzt positiv: Ich kann beim Duschen die Badezimmertür offenstehen lassen, meine allabendlichen Drei???-Folgen so laut hören wie ich mag und mich unendlich dabei amüsieren, mit den Mädels Fußball zu spielen (es ist, als würde man Rollstuhlfahrern das Laufen beibringen!). Die Situation ist nach wie vor nicht einfach, doch das Grundproblem kann ich nicht lösen, deshalb muss ich den mir zur Verfügung stehenden Handlungsrahmen zu meinen Gunsten ausnutzen. Ich werde mir feste Alltagsstrukturen schaffen und mich mehr einbringen - heute habe ich damit begonnen.

Aller Anfang ist schwer. Also muss ich mir anhören, dass meine Chapattis (so ne Art Crepe) wie Kuhfladen aussehen, dass ich niemals einen indischen Mann heiraten könnte, weil ich viel zu schlecht und zu langsam wasche und zu allem Überfluss wird mir anschließend ein 5 Monate altes Kind auf den Arm gedrückt, das prompt anfängt zu heulen und mich dann, nachdem es sich beruhigt hat, von oben bis unten vollkotzt – naja, so kann ich die Gelegenheit nutzen, meine Waschfähigkeiten zu verbessern…

Wie gesagt, ab jetzt sehe ich die Dinge positiv ;)